In den letzten Jahren hat Italiens Staatsbahn „FS Trenitalia“ mehrfach bewiesen, dass der Wettbewerb zwischen unterschiedlichen Hochgeschwindigkeitszügen im Staatsbesitz auf genau denselben Strecken zu einem schnellen Anstieg der Fahrgastzahlen geführt hat. Dies ist eine sehr gute Nachricht für die Verkehrsverlagerung auf die Schiene in der EU!
Nun plant Trenitalia in den nächsten Jahren damit zu beginnen, Hochgeschwindigkeitszüge auch nach Deutschland zu betreiben.
Doch überraschenderweise wird Trenitalia bei diesen neuen Zugdiensten mit der DB zu kollaborieren. Warum ist das so? Hat Trenitalia zu viel Angst vor dem Wettbewerb in Deutschland?
Nachdem Trenitalia 2021 auf der Strecke Mailand-Lyon-Paris in den Wettbewerb zu den TGVs der französischen Staatsbahn SNCF eingetreten war, stieg die Gesamtzahl der Bahnfahrgäste innerhalb von nur neun Monaten um 58%. Ähnliches geschah in Spanien: seitdem Trenitalia dort mit den Hochgeschwindigkeitszügen der spanischen Staatsbahn Renfe konkurriert, ist der Anstieg der Anzahl von Bahnfahrgästen ebenfalls beeindruckend. Dies hat zu einer Verkehrsverlagerung auf die Schiene geführt.
Erst vor wenigen Tagen bestätigte der Chef von Trenitalia in Frankreich, Herr Robert Rinaudo:“Der Eintritt neuer Bahnunternehmen in den Markt ermöglicht es, mehr Reisende für den gesamten Bahnsektor zu gewinnen, und in Frankreich sehen wir bereits die ersten Ergebnisse”.
Doch trotz dieser Beweislage scheint Trenitalia zu viel Angst davor zu haben, mit den ICEs der DB in Konkurrenz zu treten. Stattdessen will sie mit der DB kollaborieren, obwohl Trenitalia in Deutschland die gleichen „Frecciarossa“-Hochgeschwindigkeitszüge wie in Frankreich und Spanien einsetzen wird.
Kurz gesagt ist es eine Anomalie, dass zwei der allergrößten Bahnunternehmen Europas nicht in der Lage sind, miteinander zu konkurrieren. Auf jedem anderen Wettbewerbsmarkt, egal in welchem Sektor, wäre dies undenkbar. Eine solche kartellähnliche Struktur wird Bahnfahrgäste ernsthaft benachteiligen: höhere Fahrpreise und weniger Frequenzen. Die Verkehrsverlagerung, die wir dank Trenitalia in sowohl Frankreich als auch Spanien erlebt haben – nämlich: mehr Menschen fahren dann mit dem Zug – wird einfach nicht stattfinden.
“Warum folgt Trenitalia dem Rat ihres Kollegen Robert Rinaudo in Frankreich – aber nicht in Deutschland? Hat sie zu viel Angst davor, gegen die Dominanz der DB im Fernverkehr anzutreten? Um die Verkehrsverlagerung auf die Schiene voranzutreiben, braucht Europa zügig Antworten.”
Nick Brooks, Generalsekretär von ALLRAIL